Guten Abend,
nun ist sie also da, meine lange angedrohte erste Analyse. Es geht dabei um Deutschlands größten Optiker, den ich für eine Value-Aktie gehalten habe. Zumindest solange, bis meine Analyse fertig war...
Value-Analyse Fielmann AG
Profil
Fielmann ist Europas führender Augenoptiker. In der Bundesrepublik Deutschland verkauft das Unternehmen nach eigenen Angaben jede dritte Brille. Darüber hinaus agiert Fielmann als einziger Optiker weltweit als Dienstleister, Großhändler und Produzent zugleich. Den Schwerpunkt der Geschäftsaktivitäten bilden neben der Produktion die rund 500 Optikfachgeschäfte, die in Deutschland, der Schweiz, Österreich, Polen und in den Niederlanden betrieben werden.
Allgemeine Unternehmensbeurteilung
Ist das Unternehmen einfach zu verstehen, hat es eine beständige Firmengeschichte?
Fielmann verkauft alles rund ums Sehen, also Brillen und Kontaktlinsen. Der erste „Fielmann-Laden“ wurde 1972 von Günther Fielmann in Cuxhaven eröffnet. Seitdem ist das Unternehmen ständig expandiert und ist heute in ganz Deutschland und in vier angrenzenden Ländern tätig.
Dieses Kriterium ist für mich eindeutig erfüllt.
Werden die Produkte dringend benötigt, gibt es keinen direkten Ersatz?
Wer nicht richtig sehen kann (und das sind schätzungsweise 55 bis 60 % der Bevölkerung), ist auf eine Sehhilfe angewiesen. Außerdem stellen Arbeitsplatz, Straßenverkehr oder Freizeit immer höhere Ansprüche an die Augen.
Innovative Laseroperationen werden hieran wenig ändern. Einerseits eignen sich nur bestimmte Refraktionswerte für eine LASIK-Operation. Zum anderen benötigt man im Alter eine Zusatzkorrektur aufgrund der Alterssichtigkeit. Experten erwarten deshalb einen zunehmende Anzahl von Fehlsichtigen.
Hinzu kommt ein gewachsenes modisches Bewußtsein für Brillen.
Dieses Kriterium ist für mich eindeutig erfüllt.
Gibt es wenig Restriktionen, so daß das Unternehmen expandieren kann? Ist die Produktion einfach auszudehnen?
Fielmann ist zwar im Gesundheitsmarkt tätig, dennoch ist dieser Markt relativ frei von planwirtschaftlichen Elementen. Für Gestelle wird heute schon wenig gezahlt, hier dürften sich weitere Einschränkungen kaum bemerkbar machen. Die Gläser zählen zu den medizinisch notwendigen Leistungen und sind daher von Streichungen nicht betroffen. Insgesamt beträgt der Krankenkassenanteil am bundesweiten Umsatz in der Augenoptik in 2000 18,0 Prozent.
Der Markt wächst nur moderat, aber Fielmann wächst stark zu Lasten seiner Wettbewerber.
Dieses Kriterium ist für mich erfüllt.
Sind die Produkte eindeutig von Konkurrenzprodukten zu unterscheiden?
Fielmann selbst stellt wenig eigene Brillen her. Wenn doch, dann werden diese unter dem eigenen Namen vertrieben. Andere Brillen sind auch in anderen Läden zu erhalten. Aufgrund der Marktstellung dürfte Fielmann aber bei potentiellen Käufern Vorteile haben.
Dieses Kriterium ist für mich nicht erfüllt.
Verfügt das Unternehmen über eine monopolartige Stellung?
Nein. Aber mit einem Marktanteil (Absatzmarkt) von 41 % ist Fielmann mit Abstand Marktführer.
Dieses Kriterium ist für mich nicht erfüllt.
Hat das Unternehmen noch Wachstumspotential? Wird die Nachfrage noch genügend wachsen?
Die Nachfrage im Gesamtmarkt wird sicher stabil bleiben, aber nicht mehr sehr stark wachsen. Das Unternehmen Fielmann wächst in diesem Segment allerdings stark zu Lasten seiner Wettbewerber. Hinzu kommt die weitere Expansion in Europa.
Dieses Kriterium ist für mich eindeutig erfüllt.
Hat das Unternehmen weitgehende Freiheit in der Preisgestaltung?
Nein.
Dieses Kriterium ist für mich nicht erfüllt.
Meßbare Qualitätskriterien
Eigenkapitalquote
Langfristige Verbindlichkeiten existieren so gut wie gar nicht, und die Eigenkapitalquote liegt seit 1995 immer über 50 % (2000: 54,3 %).
Dieses Kriterium ist für mich damit erfüllt.
Eigenkapitalrendite
Die Eigenkapitalrendite liegt seit dem Börsengang bei etwa 17 % (Ausnahme 1997, Jahr der Gesundheitsreform).
Dieses Kriterium ist für mich damit nicht erfüllt.
Gewinnwachstum
Das Gewinnwachstum der Gruppe verläuft sehr unstetig. Durch die Gesundheitsreform 96/97 kam es in diesen Jahren zu kräftigen Einbrüchen, danach erfolgte 98 eine rasante Steigerung. Das geometrische Gewinnwachstum nähert sich langsam den geforderten 10 %, ist aber noch davon entfernt.
Dieses Kriterium ist für mich eher nicht erfüllt.
Dividenden und einbehaltene Gewinne
Von seinen Gewinnen schüttet Fielmann seit 1994 mehr als die Hälfte aus. Zwar steigt die Quote der einbehaltenen Gewinne seit 1999, aber immer noch gehen mehr als 50 % raus.
Dieses Kriterium ist für mich nicht erfüllt.
Umsatzrendite
Die Umsatzrendite liegt seit 1994 (mit Ausnahme von 1997) stets zwischen 5 und 7 %. Diese relativ geringe Zahl dürfte branchenspezifisch sein, da Fielmann ja in erster Linie ein Handelsunternehmen ist.
Dieses Kriterium ist für mich nicht erfüllt.
Verzinsung der einbehaltenen Gewinne
Gewinn pro Aktie 1994: EUR 1,-- - Gewinn pro Aktie 2001: EUR 2,-- - Gesamter Gewinn pro Aktie 1994-2001: EUR 10,99 - Gesamte Dividende pro Aktie 1994-2001: EUR 7,12 ==> Hinzufügung zum Eigenkapital: EUR 3,87
Differenz Gewinn 2001 zu Gewinn 1994: EUR 1,--
Daraus ergibt sich eine Verzinsung der einbehaltenen Gewinne von 25,84 %
Dieses Kriterium ist für mich damit erfüllt.
Cashflow-Marge
Seit 1998 liegt die Cashflow-Marge zwischen 12,3 % und 13,6 %. Die geforderten 15 % und das regelmäßige Wachstum werden damit nicht erreicht. Im Vergleich zur ersten Hälfte der 90er Jahre (8 - 10 %) ist aber eine deutliche Steigerung erkennbar.
Dieses Kriterium ist für mich nicht erfüllt.
Sachinvestitionen
Der Anteil der Sachinvestitionen am Cashflow ist seit Jahren stark schwankend - zwischen 40 und 80 %. Im Vergleich zur ersten Hälfte der 90er Jahre ist aber ein leichter Rückgang erkennbar. Ich denke, daß man diese Abweichung vom Idealwert tolerieren kann, da Fielmann geschäftsbedingt stark wächst und nicht in Maschinen o.ä. investiert.
Dieses Kriterium ist für mich bedingt erfüllt.
SIGNAL 1
Das erste Signal ist nahezu unmöglich zu berechnen, da der NCF sehr stark schwankt. Allein seit 1996 ist zwischen -59 % und +415 % alles vorhanden. Man muß daher einfach Annahmen setzen, um zu einer Zahl zu kommen. Die Steigerung von 99 auf 01 betrug 30 %, also etwa 15 % pro Jahr. Mit diesem Wert habe ich gerechnet, dazu 4,64 % als Umlaufrendite der Bundesbank.
Für das Unternehmen ergibt sich somit ein NCF in 10 Jahren von EUR 158 Mio. Die Summe der NCF aus 10 Jahren beträgt EUR 680 Mio., der Restwert liegt bei EUR 105 Mio. Das macht einen inneren Wert von EUR 785 Mio. Bei einem Kurs von EUR 37,-- ergibt sich ein Marktwert von EUR 777 Mio.
Das Signal ist damit nicht erfüllt. Wenn man mit einem höheren Zinssatz rechnet (was wohl angebracht wäre), verschlechtert sich der Wert weiter.
SIGNAL 2
Bei einem heutigen Kurs von EUR 39,--, einem angenommenen Gewinn-Wachstum von 7 % p.A., einem durchschnittlichen KGV von 20 und einem heutigen GPA von EUR 2,-- ergibt sich in zehn Jahren ein Kurs von EUR 78,60.
Das Signal ist damit nicht erfüllt.
SIGNAL 3
Das Eigenkapital je Aktie beträgt EUR 11,70, die EK-Rendite 17,1 %, dazu werden 50 % der Gewinne einbehalten. Daraus errechnet sich in 10 Jahren ein Kurs von EUR 90,88.
Das Signal ist damit nicht erfüllt.
So, das war es dann. Es war - wie gesagt - meine erste Analyse, und ich bin daher für jede konstruktive Kritik dankbar.
JuliaPapa
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