Hallo, zusammen,
bei den Motley Fools habe ich einen ganz tollen Artikel über das Thema Disziplin beim Anlegen gelesen. Da gerade das ein Thema ist, mit dem ich mich nach wie vor schwer tue, habe ich diesen Artikel für mich und natürlich auch für Euch übersetzt und hoffe, daß er Euch ebenso auf den rechten Weg bringen wird, wie er das hoffentlich mit mir tun wird...
"Warren Buffett und seine 20 Treffer
Von Bill Mann, 5. Mai 2004
Während alle Welt nach der Hauptversammlung von Berkshire Hathaway die öffentlichen Äußerungen von Warren Buffett analysiert und sich in Kaffeesatzleserei übt, habe ich intensiv über eine der provokantesten Ideen, die Buffett jemals angeboten hat, nachgedacht: die 20-Ideen-Lochkarte.
Ausgangspunkt war Berkshires Vize, Charlie Munger, der den Glauben, ein liquider Aktienmarkt sei irgendwie ein großer Beitrag zum Kapitalismus gewesen, als „Kokolores“ bezeichnete. Diese Aussage stammt von jemandem, der in seiner Karriere geduldig investierte, und dann, als er etwas von entsprechendem Interesse fand, viel einsetzte. Wie sich zeigte, agierte er in seiner Investmentkarriere einigermaßen besser als der Durchschnitt. Und obwohl Munger wie auch Buffett hyperintelligent und gut ausgebildet sind, sagen beide, daß das Geheimnis ihres Erfolges auf eine entscheidende Eigenschaft zurückzuführen ist: Disziplin. Wenn Du nicht vor Gier zitterst, wirst Du die Gelegenheit nicht verpassen.
Deshalb also die 20-Transaktionen-Lochkarte. Das ist ganz einfach: Immer, wenn Du ein neues Unternehmen kaufst, wird Deine Karte gelocht. Nach 20 Löchern ist das Thema erledigt. Keine Aktien mehr, niemals.
Natürlich wäre es unredlich, nicht zur Kenntnis zu nehmen, daß Buffett selbst in seinem Leben viel, viel mehr als 20 Geschäfte gemacht hat. Darum geht es auch nicht wirklich. Es ist keine „Das solltest Du machen“-Übung - es ist eher „Handele so, als ob es so wäre“. Okay, wirf einen Blick auf Dein Portfolio. Wenn Du in Deinem Leben nur 20 Entscheidungen treffen könntest, wie viele Deiner aktuellen Positionen würden den Anforderungen gerecht werden? Und wenn Du derzeit mehr als 20 besitzt, von welchen Unternehmen würdest Du Dich trennen?
Die Genialität der Lochkarte
Wenn Du jemals Zeit in einem Aktienforum verbracht hast, kennst Du diese Situation: Jemand wandert in einem Ordner umher, behauptet, er sei Aktionär, und stellt dann eine Frage, die nahelegt, daß der Bursche keine Ahnung hat, was die Gesellschaft macht. Denk mal darüber nach: Wenn Du für 5.000 Dollar in Urlaub fährst, würdest Du Dich höchstwahrscheinlich sehr intensiv informieren, um einen maximalen Ertrag zu erzielen. Wenn Du den neuesten Riesenfernseher mit Flachbildschirm von Sony ins Auge gefaßt hast, wirst Du Dir die Zeit nehmen um festzustellen, was Du bekommst, bevor Du Dein Geld raushaust.
Das trifft auf fast jede beliebige größere Geldausgabe zu. Und dennoch zeigen die Leute eine außerordentliche Bereitschaft, ihr Geld in Unternehmen zu stecken, über die sie nichts wissen. Mir kommt das wie eine grundlegende mentale Blockade vor, wenn es ums Geld geht. Warum bekommen Menschen bei einer Autorechnung von 1.000 Dollar eine Krise, während 1.000 Dollar im Wertpapierdepot „Spielgeld“ sind? Ich denke, es ist das Gleiche wie bei Pokerchips - man betrachtet sie nicht mehr als Ersatz für echte Geld. Wenn man bei dieser Runde oder diesem Geschäft verliert, was soll’s? Ich habe immer noch genug Chips übrig.
Offensichtlich hat eine solche Einstellung verdammt vielen Leuten geholfen, ihre finanzielle Zukunft zu versauen, entweder durch laufend schlechte Geschäfte oder in Zeiten heftiger Kursverluste alles auf einmal. Aber was passiert, wenn Du diszipliniert bist und jede Transaktion als etwas extrem kostbares und von der Anzahl her begrenztes ansiehst? Ändert das die Sichtweise jedes einzelnen Deals?
Dieses Konzept ist dann nützlich, weil es ein viel größeres Bewußtsein für die Art von Transaktionskosten schafft, die viele Investoren außer Acht lassen: Opportunitätskosten. Wann immer Du eine Aktie kaufst, stellst Du im wesentlichen die folgende Behauptung auf: „Zu diesem Zeitpunkt sehe ich auf der ganzen Welt keinen besseren Platz für mein Geld als diesen.“ Beim Verkauf ist es das exakte Gegenteil: „Ich habe alle meine weltlichen Besitztümer untersucht, und es gibt nichts, was für mich entbehrlicher ist, als dieser bestimmte Besitz“. Das ist es, was Aktien sind: Besitztümer. Sie sind Ansprüche auf zukünftige Gewinne der zugrunde liegenden Gesellschaft.
Wenn Du nur 20 Entscheidung überhaupt treffen dürftest, würde das dazu führen, daß Du jede einzelne viel mehr als sonst abwägen würdest, oder? Viele Investoren verfahren immer noch nach dem „Feuern, fertig, zielen“-Ansatz, um ihr Vermögen aufzuteilen. Sie kaufen irgend etwas, weil Joe aus dem Studio es empfohlen hat - „Hey, die steigen!“ - und bemühen sich erst später, etwas über das Unternehmen in Erfahrung zu bringen. Wenn überhaupt. Man setzt ein Stop-Loss-Limit für den Fall, daß die Aktie fällt, denn das beschützt einen, nicht?
Aber gibt es überhaupt irgend etwas, das mehr beschützt als tiefgehende Kenntnisse? Wenn Du Dir die Zeit genommen hast, ein Unternehmen wirklich intensiv kennenzulernen, mußt Du dann jemand anderen fragen, was er davon hält? Brauchst Du die sofortige Bestätigung des Aktienmarktes? Wenn Du Deine Hausaufgaben gemacht hast, denke ich, daß Du das nicht brauchst. Darüber hinaus bist Du nicht in einer Situation, in der Du das tun mußt, was Millionen Privatanleger tun: etwas kaufen, das sie nicht verstehen, die Aktie etwas fallen zu sehen, und dann zum falschen Zeitpunkt und zum falschen Kurs und aus falschen Gründen zu verkaufen. Zum falschen Zeitpunkt zu verkaufen, wäre nicht so tragisch, wenn sie nicht wahrscheinlich auch schon zum falschen Zeitpunkt gekauft hätten. Wenngleich der gute, alte Joe die besten Absichten gehabt haben mag, als er Dir den Aktientip gab, wußte er auch nicht viel über das Unternehmen; er kaufte die Aktie, nachdem er einen heißen Tip von jemandem bekommen hat, der auf Bubblevision gehört hat, ein Analyst habe sie auf „Strong Buy“ hochgestuft, und diese Burschen wissen schließlich, was sie tun, weil es ihr Beruf ist, nicht?
Denk mal über die Disziplin nach, die Du zeigen würdest, wenn es einen Erbsenzähler gäbe, der nur darauf wartet, Dir den Hahn für neue Investments zuzudrehen. Das würde Dich zwangsläufig sofort dazu bringen, Deine Entscheidungen ausführlich zu überdenken. Du würdest wahrscheinlich Deine Investments auf Bereiche und Industrien beschränken, in denen Du Dich auskennst. Während es einer Dichterin sicherlich möglich ist, zu einem Experten für die Wettbewerbsvorteile von Cisco oder General Electric zu werden, würde sie wohl kaum einfach Geld irgendwohin werfen und hoffen, daß das gutgeht. Sie wäre sich genau bewußt, wo sie kompetent ist und wo nicht. Und sollte sie das überwältigende Bedürfnis haben, zu diversifizieren, würde sie mit großer Wahrscheinlichkeit zuerst die Branche und alle ihre Charakteristika studieren. Und selbst danach möchte sie sicher sein, daß ihre neuesten Ideen besser sind als alle ihre bestehenden Ideen. Denn warum sollte sie nach alldem Geld in ein minderwertiges Investment stecken?
Was ist mit Diversifikation?
Eine Begrenzung auf 20 Treffer würde eine breite Diversifikation mehr oder weniger unmöglich machen. Im Dezember 2000 schrieb ich, daß jemand mit einem Aktienportfolio aus drei Unternehmen diversifiziert wäre - Church & Dwight, White Mountains Insurance und Yahoo! - weil es ein seltenes wirtschaftliches Ereignis wäre, das einen Einfluß auf Versicherungen, das Internet und Backpulver hätte.
Ich behaupte, daß derjenige, der in diese drei Gesellschaften investiert hat, weil er sie vorwärts und rückwärts kennt, gelernt hat, daß sich die Manager dieser Unternehmen auf die Dinge konzentrieren, die dem langfristigen Aktionär wichtig sind, und imstande sind, diese Ziele zu erreichen. Er hat einen großen Vorteil gegenüber demjenigen, der die Gesellschaften „einfach so“ besitzt. Zwei Menschen können die gleichen drei Unternehmen besitzen (und was hat dieser buntgemischte Haufen für Vorteile?), aber für den einen ist die Sicherheitsmarge nur durch den Wissenstand weit höher als für den anderen. Der Besitz einer großen Anzahl von Aktien schützt den Anleger vor einem tödlichen Fehler, aber er verhindert auch überdurchschnittliche Renditen aus den besten Ideen.
Und das ist der springende Punkt der Übung. Es gibt keine Begrenzung für die Anzahl Deiner Trades, aber denke an die Vorsicht, mit der Du jede Entscheidung treffen würdest, wenn es eine gäbe. Eine verschwendete Entscheidung in diesem Fall wäre fast so schlimm wie ein Kapitalverlust, d.h. jede Entscheidung würde mit der größten Vorsicht vorgenommen, nachdem Du Dir die Zeit genommen hast, die Gesellschaft Stück für Stück auseinanderzunehmen, um verstehen zu können, worauf Du Dich einläßt. Das ist das absolute Gegenteil dessen, was die Mehrheit der Anleger tut: Weniger als 30 % aller Anleger lesen jemals einen Geschäftsbericht. Bereits dieser Schritt muß einen Informationsvorsprung gegenüber denjenigen schaffen, deren Wissen über Unternehmen darauf begrenzt ist, ob sie gestiegen oder gefallen sind."
Wie findet Ihr diese Idee Buffetts?
Schönen Tag noch,
JuliaPapa
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